
Die Ernüchterung bezüglich Mailand und der Expo (unser eigentlicher Grund für die Anreise) begann relativ harmlos. Ich glaube, es wird immer so sein, dass ich im Flugzeug am Fenster sitzen möchte (gut, es sei denn es ist Langstrecke in der Economy, da ist Fenster mit zwei Nebensitzern ätzend). Das war jetzt in 2015 mein 11. Flug und Ende diesen Jahres kommt noch einer. Klar, da fragt man sich schon manchmal ob das jetzt reicht oder nicht oder zu viel ist oder sowas, aber Tatsache ist, dass es einfach unglaublich wunderschön ist, jedes Mal neu festzustellen, dass die Sonne niemals weg ist, sondern immer da ist – eben über den Wolken.

Für mich hat das was ungemein Tröstliches und selbstverständlich auch Faszinierendes weil die Kulisse nie gleich aussieht. Gut, man hat verschiedene Länder oder Städte unter sich (meine persönlichen Highlights: Istanbul bei Nacht, die Landschaft Englands mit den abgegrenzten Feldern und Mäuerchen sowie das Eis von Grönland), aber trotzdem steht die Sonne immer anders, die Wolken haben doch immer eine andere Form und im Endeffekt entgeht dem aufmerksamen Beobachter nicht, dass auch hier Entwicklungen stattfinden. Aber genug der Philosophie (und den Klassiker „über den Wolken will ich hier auch nur indirekt in der Bildunterschrift bemühen…).
Auch wenn mich meine Lieblingsairline auf Kurstrecken regelmäßig enttäuscht, dieses Mal in Form des Snacks, der aus einem Jogurt und 2 seltsam schmeckenden Keksen bestand, bietet sie oft immer noch die besten Preise ab Frankfurt. Jo, also wieder auf mit dem Kranich und ab nach Italien. So der Plan. Von Italien hatte ich bisher nur Florenz gesehen und wahrscheinlich müsste ich hier einen eigenen Eintrag über die Schönheit dieser Stadt schreiben, aber ich war komplett begeistert und hatte zumindest eine gewisse Ähnlichkeit auch in Mailand erwartet.
Böser Fehler.

Nett: Dom, Einkaufsstraße von dort aus und außerdem zwei, drei Luxuseinkaufsstraßen, die wir dann entdeckt haben – die sahen dann auch wirklich mal aus, wie beispielsweise in Florenz die meisten Straßen aussehen. Süß, klein, verwinkelt, „typisch italienisch“ eben (oder nun doch eben NICHT!). Nun gut, das war wohl um die Ecke vom Four Seasons, haben wir aber erst später gesehen. Aber der Reihe nach.

Der Dom war zugegeben echt ganz chic, auch wenn die doch sehr aufdringlichen Armbandverkäufer sich teilweise zu viert auf uns gestürzt haben mit den Worten „Hakuna Matata – it is for free“. Glücklicherweise waren wir schnell genug und sind ihnen entkommen.
Wenn man aber dann mal um den Dom herumgeht, sieht man die wahren Ausmaße der Globalisierung und den gesättigten Märkten. Oder so ähnlich jedenfalls. Möglicherweise ist es mir einfach entgangen, ich habe nicht darauf geachtet oder schon wieder vergessen, aber meines Wissens nach hing beispielweise am Westminster Abbey kein überdimensioniertes Werbebanner für irgendwelche Schuhe oder Ähnlichem. Hier halt schon.

Auch wenn der nette junge Mann auf dem Plakat nicht unbedingt unesthetisch wirkt, so ist das doch – meiner bescheidenen Meinung nach – dezent fehl am Platz. Aber vielleicht bin ich zu konservativ. Eine vergleichbare Situation hatte ich zuletzt in Nottingham, UK, 2010 erlebt – da haben wir in einer zu einem Pub umgebauten Kirche mit einem Pitcher Margarita vorgeglüht, um dann feiern zu gehen. Nun gut: Andere Länder, andere Sitten.

Aber es geht natürlich noch weiter. Welcher Dom hat auch heutzutage keinen gut sortierten Fanshop direkt nebenan? Man hat ja mit der Zeit zu gehen, und selbstverständlich nehmen die auch Kreditkarten. Da ist man in Hong Kong in einem Kloster womöglich überrascht, dass man zwar keine Fotos machen darf, der Shop aber in fünf Sprachen darauf hinweist, dass Visa und Mastercard gern gesehene Plastikteile sind.

Ja und dann ist da noch unser Freund Samsung. Mein Italienisch ist zwar leicht eingerostet (ich habe mich auf Grazie und Prego während des Aufenthaltes beschränkt), aber trotzdem konnte ich mir einigermaßen zusammenreimen, dass hier ganz offensichtlich ein koreanisches Unternehmen den Aufbau einer italienischen Kathedrale unterstützt. Jetzt würde mich doch mal interessieren, ob das in Florenz, Rom oder wo auch immer ähnlich ist und wenn ja, gäbe es da in Deutschland ja auch einige Kirchen zu restaurieren. Ob die wohl auch Umbauten von finanziell eher schwach aufgestellten Kirchen in Bars vornehmen? (Der gemeine Koreaner gilt als recht trinkfest, sollte ihnen also womöglich entgegenkommen).

Aber genug der Kirchen-Blasphemie (ich muss unbedingt nach Rom, um hier entsprechend schreiben zu können…obwohl, besser nicht). Unser Hotel war ganz süß und unerwartet sauber. Die Aussicht vom Mini-Balkon hat mich dann doch wieder versöhnt, da hatte ich mein „typisch Klischee-italienisch“ dann zurück. Das Hotel „Nuovo Marghera“ in der Via Marghera war ein paar Metrostationen außerhalb, aber dafür recht preisgünstig.Und die Toilette war auch eine spannende Angelegenheit: Es gab im Frühstücksraum zwei davon, eine für Damen und eine für Herren. Soweit nichts Ungewöhnliches, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass die Behindertentoilette in der Herrentoilette integriert war.

Zufälligerweise (nein, natürlich nicht zufällig!) lag das Hotel etwa 30 Sekunden Fußweg von einer Metrostation entfernt. Diese haben in Mailand wirklich spannende Namen, denn von „Uruguay“ bis „Wagner“ war echt alles dabei!


Dafür allerdings nehmen es die Italiener doch mit der Zeit genauer, als so manches Voruteil vermuten lässt. Natürlich auch wieder die Vermutung, dass das meine eigene verzerrte Wahrnehmung ausmachen könnte, allerdings habe ich noch in keiner größeren Stadt gesehen (noch nicht mal in Asien!), dass die Warteminuten in der Metro so detailliert angegeben werden. Siehe Bild.

Bevor ich auf die Expo eingehe, noch ein Schwenker zu einem essentiellen italienischen Tatsache: Das unglaublich leckere Essen. Wie es der Zufall wollte (und dieses Mal war es wirklich ein Zufall!), lag direkt neben unserem Hotel eine typisch italienische Pizzastube. Das fing schon so an, dass das Restaurant erst um Punkt sieben Uhr aufgeschlossen wurde, und die Schlange, welche sich davor gebildet hatte, bis zu diesem Zeitpunkt eiskalt ignoriert wurde. Man sprach natürlich italienisch dort und die Kellner zeigten wenig Begeisterung davon, hier abzuweichen.
Nachdem ich in London lernen durfte, was Sprachbarrieren sind, war die Kommunikation im Vergleich doch recht einfach. Die vielen Einheimischen, die beim Verlassen des Restaurants über die Wartezeit mit einem Glas Sekt aufs Haus hinweggetröstet wurden, hatten uns noch zusätzlich bestätigt, dass die Wahl dieses Lokals goldrichtig gewesen war. Abgesehen davon war es wirklich sehr sehr lecker!!
Die Schmankerl am Rand wie das besondere Parkschild oder den Clear Blue Schwangerschaftstest, den es in einer Art Automaten-Apotheke für günstige 40 € (in Worten: vierzig) zu haben gab (leider habe ich versäumt, das abzulichten) möchte ich hier noch erwähnt wissen. Auch, dass die Supermärkte dort noch ein wenig anders organisiert sind, als in unseren Landen; so nach und nach kann ich die Vorurteile bezüglich der deutschen Effizienz ja nachvollziehen.

So, nun aber zur Expo. Vielleicht lag es daran, dass wir am Wochenende waren – aber Hauptsache mal Witze darüber gemacht, dass jetzt bestimmt niemand mehr hin gehen will – aber mit solchen Menschenmassen habe ich vielleicht in London’s Rush Hour gerechnet, aber sicherlich nicht zum Ende einer Weltausstellung in Italien. Naja gut, man kann ja auch mal (meilenweit) daneben liegen. Das hätte uns eigentlich schon auf der Fahrt mit der Metro nach RHO Fiera zum entsprechenden Bahnhof auffallen müssen, aber wir machten uns lieber darüber lustig, dass die umsatzorientierten Italiener die Innenstadtzone zwei Stationen vor diesem Bahnhof haben enden lassen, sodass, um dort hinzukommen, ein Aufschlag zu bezahlen war. Gewinnmaximierung vor Simplifizierung. Die ersten Schlangen haben wir dann noch relativ zäh überstanden, denn wir wussten glücklicherweise nicht, was auf uns zukommt.
Nachdem man dann durch die Sicherheitschecks war, musste man noch einmal etwa 15 Minuten laufen und dann kam man auf den „Hauptgang“, an dem die Expopavillons – einige schön, andere weniger – errichtet waren. Note: Vielleicht lag es auch an dem sehr grauen Himmel, aber irgendwie sah das alles relativ trist und unspektakulär aus. Die Idee, hierher zu fahren, entstand ursprünglich daraus, dass wir beide auf der Expo 2000 in Hannover (ja, lang ist’s her) waren und das beide als echt toll gemacht (landschaftlich u.a.) und spannend (die Pavillons) in Erinnerung hatten. Tja, also landschaftlich war da eher reduziert zu Stein und Plane (bis auf die Außenhüllen der Pavillons) und spannend – dazu komme ich gleich.

Ich könnte jetzt zunächst beschreiben, dass uns die Schlangen an den vorderen Pavillons abgeschreckt haben und wir einfach weiter nach hinten gehen wollten, in der Hoffnung, dass es dort weniger sein würde. Auch passt es hier eigentlich darüber zu schreiben, dass Lindt auch einen Pavillon hatte und wir uns dann dort angestellt haben – Wartezeit war nur etwa 30 Minuten. Doch dann müsste ich auch schreiben, dass die Freude schnell verging, denn der Pavillon bestand gerade mal aus ein paar Bildern von Kakaobohnen, dem Prozess der Schokoverarbeitung und natürlich einem riesigen Shop (mit selbstverständlich deutlich höheren Preisen als in Deutschland).
Nein, ich möchte nicht mit Worten langweilen sondern das Erlebnis mit einem einzigen Bild zusammenfassen:

Ja, es konnte. Nicht, dass wir das ausprobiert hätten (um Gottes Willen!!), aber wer jetzt denkt dass die ecuadorische Ausstellung einfach nur besonders nachgefragt war, hat sich geschnitten (genau wie wir…). Von den Länderpavillons war nichts in unter drei Stunden zu haben und das hat uns jetzt eher peripher motiviert. Selbst für die Essensbuden musste man 30-45 Minuten anstehen. Gut, man kann nicht immer Glück haben. Also noch schnell auf den deutschen Pavillon drauf (das ging zum Glück ohne längere Wartezeiten) und hier noch ein paar Impressionen festgehalten. Das war auch mein eigentlicher Grund, die Ausstellung zu besuchen, denn diese „Bäume“ auf den Fotos sind sog. Solarbäume mit organischen Photovoltaikmodulen, die in dem Business Field entwickelt wurden, in dem ich auch arbeite. Quasi das Projekt der Kollegen erstmals auf großer Bühne. Die kann man drucken, sind daher super flexibel, erzeugen auch Energie wenn bewölkt und sind auf für die Indoor-Anwendung geeignet. Genug der Werbung, lassen wir Bilder sprechen.

Eigentlich ganz cool waren die Infotafeln über die einzelnen Bundesländer (siehe linkes Bild mit den blauen Schildern). Ich mag es echt gerne, zu lesen, wie Deutschland, seine Bewohner und Eigenheiten gegenüber anderen Ländern dargestellt und gesehen werden, daher konnte ich es nicht lassen, einige Infos festzuhalten und hier hochzuladen. Die Interpretation überlasse ich euch, möchte hier nicht noch weiter polarisieren als ohnehin schon (Bilder werden groß beim Klick darauf).
Nachdem Lindt – Pavillon und dem Aufgang zu den Solarbäumen haben wir dann den Expobesuch beendet – man soll ja aufhören, wenn es am schönsten ist!!
Die restlichen Stunden in der Stadt verflogen relativ schnell. Ich möchte an der Stellte noch den Disney-Store erwähnen, der nun ja neuerdings auch Star Wars führt. Trotz der Kommerzfaktors macht es immer wieder Spaß, einen zu besuchen.


Außerdem gibt es hier „die etwas andere Ampel“, die uns zufällig im Weg gestanden hat. Habe ich auch noch nirgends sonst gesehen, aber gar keine so schlechte Idee; Farbe rot war ganz normal.
Und auch hier gibt es Preise, die jenseits von gut und böse sind. Wir haben natürlich vorher auf die Karte geschaut, wussten das auch aber wollten das zumindest einmal machen – außerdem gab es akuten Toilettenmangel (due to a lack of Starbucks in the whole city). #mangönntsichjasonstnix #hashtagssindjasooooocool.NICHT
Netterweise konnten wir die letzten Stunden vor dem Abflug noch bei gutem Wetter im Park verbringen, auf einer Bank in der Sonne, bevor es ab in die Kälte ging. Das ist natürlich der große Vorteil des Südens – aber man kann ja nicht alles haben, hat mal irgendwer gesagt.
Zu guter Letzt noch ein paar Kuriositäten vom Flughafen. Da ist zum einen der günstige Trüffel für nur 69 € pro 2,5 g, von denen schon einige verkauft waren (oder es zumindest so aussehen sollte). Aber Hauptsache mal ein Schnäppchen im Duty Free gemacht.
Und darüber muss ich glaube ich auch nicht so viel sagen; kann mir aber gut vorstellen, dass sowas nur in Italien wirklich ein Standardprodukt ist, was mal eben am Flughafen erworben werden kann. Nunja, scheint sich ja zu lohnen, sonst würde es nicht hängen. Und man hat durch den Kauf den riesigen Vorteil von vollen 16 statt nur 12 popelige Monaten. Wenn das mal kein schlagendes Kaufargument ist.
Manchmal gibt es Produkte oder deren Variationen, die in Deutschland nicht unbedingt erhältlich sind. Abgesehen von KitKat Oreo, die mir in NZ im Supermarkt über den Weg spaziert ist, fand ich das Kinder Bueno White, was es in Italien an jeder Ecke gab, auch besonders gelungen. Natürlich haben wir direkt einen Import-Export davon gegründet. Völlig unverständlich für mich wird aber immer bleiben, wieso das teilweise so restriktiv gehandhabt wird. Da entgeht den Konsumgüterunternehmen meiner Meinung nach einiges an Umsatz.
Zum Schluss noch eine kleine Inspiration für meine nächsten Reisen: Das Streckennetz von Lufthansa. Okay, Asien ist irgendwie abgeschnitten, aber ich möchte darauf hinweisen, dass das keine Absicht war, weil mich das auch sehr interessiert und viel realistischer im Budget liegt. Da möchte ich dann doch noch das Zitat von Susan Sontag bemühen:
„I have not been everywhere, but it’s on my list.“
Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit!